Richtlinien zur Barrierefreiheit

Richtlinien für die Verwendung psychometrischer Beurteilungen bei Personen mit Behinderungen

1. Einleitung
2. Rechtlicher Hintergrund: Equality Act 2010 – die Gleichstellungs- und Anti-Diskriminierungsgesetzgebung im Vereinigten Königreich

Das Gesetz in der Praxis
Equality and Human Rights Commission (Kommission für Gleichstellung und Menschenrechte)
Das Programm „Disability Confident“ der britischen Regierung

3. Durchführung von Tests bei Personen mit Behinderungen

Kandidaten mit Sehbehinderungen
Kandidaten mit Legasthenie
Kandidaten mit Hörbehinderungen
Kandidaten mit motorischen Beeinträchtigungen
Kandidaten mit Sprachbehinderung
Kandidaten mit Lernbehinderung

4. Interpretation von Testergebnissen

 

Diese Richtlinien zur Barrierefreiheit werden von The Myers-Briggs Company Limited herausgegeben und wurden im November 2019 aktualisiert.

 

The Myers-Briggs Company Limited
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1. Einleitung

Menschen mit Behinderungen können in der Industrie und im Handel Großbritanniens einen wichtigen Beitrag leisten. Dennoch sind sie in der Arbeitswelt zu schwach vertreten. Statistiken zu Beschäftigungszahlen zeigen beim Vergleich von Menschen mit und ohne Behinderung eine Differenz von 30 Prozent1. Psychometrische Tests und Fragebogen sind eine der objektivsten und fairsten Methoden zur Auswahl von Bewerbern, stellen für Menschen mit Behinderung jedoch häufig eine große Hürde dar. Diese Situation sollte sich ändern. In diesen Richtlinien sind Probleme beschrieben, die beim Durchführen von Tests bei Personen mit Behinderung auftreten können. Außerdem finden Sie praktische Tipps, um diese Probleme zu vermeiden. Ziel ist eine inklusive Durchführung der Tests, sodass Arbeitgeber unabhängig davon, ob ein Bewerber eine Behinderung hat oder nicht, den besten Kandidaten für eine Tätigkeit einstellen.

Diese Richtlinien gliedern sich in drei Hauptabschnitte:

  • Der rechtliche HintergrundInformationen zum Equality Act 2010, für wen das Gesetz gilt, wie es sich auf die Durchführung von Tests auswirkt sowie eine Erläuterung der wichtigsten Begriffe.
  • Durchführung von Tests bei Personen mit BehinderungenAllgemeine Informationen zum Durchführen von Tests bei Personen mit Behinderung sowie Probleme, die bei Menschen mit bestimmten Einschränkungen auftreten können.
  • Interpretation von TestergebnissenWichtige Aspekte, die bei der Auswertung und Interpretation der Testergebnisse von Personen mit Behinderung berücksichtigt werden sollten.

Der Abschnitt zum rechtlichen Hintergrund soll lediglich einen Überblick verschaffen und Kontextinformationen liefern.  Er soll keine Rechtsberatung zu spezifischen Fällen bieten. Wenn Sie Fragen zu konkreten Fällen oder Problemen haben, sollten Sie sich gegebenenfalls anwaltlich beraten lassen.

Wenn wir von „Arbeitgebern“ sprechen, beziehen wir uns gleichzeitig auch auf „potenzielle Arbeitgeber“.

[1] https://www.gov.uk/government/publications/disability-facts-and-figures/disability-facts-and-figures#employment 2014 Labour Force Survey

2. Rechtlicher Hintergrund: Equality Act 2010 – die Gleichstellungs- und Anti-Diskriminierungsgesetzgebung im Vereinigten Königreich

Was ist der Equality Act 2010 und für wen gilt das Gesetz?

Bei Verwendung unserer psychometrischen Tests und anderen veröffentlichten Instrumente sollten im Vereinigten Königreich die Vorgaben des Equality Act 2010 befolgt werden.  Der Equality Act 2010 kann online unter folgender Adresse eingesehen werden: http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2010/15/contents.

Innerhalb ihrer Branche befolgen Anbieter von psychometrischen Werkzeugen allgemeingültige ethische Standards, die verhindern sollen, dass Menschen mit Behinderungen durch psychometrische Tests diskriminiert oder benachteiligt werden.  Im Equality Act 2010 sind die aktuell gültigen gesetzlichen Bestimmungen definiert, mit denen Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung geschützt werden sollen. Dieses Gesetz gilt für alle Serviceanbieter in Großbritannien sowie für Situationen, an denen eine Person mit physischer oder psychischer Einschränkung beteiligt ist.  Laut Equality Act 2010 ist eine Behinderung definiert als eine erhebliche und langfristige Beeinträchtigung einer Person bei der Durchführung normaler alltäglicher Aufgaben.  „Langfristig“ bedeutet in diesem Kontext, dass die Beeinträchtigung seit mindestens zwölf Monaten besteht bzw. wahrscheinlich für mehr als zwölf Monate auftreten wird.  Diese Beeinträchtigungen können u. a. folgende Bereiche betreffen:

  • Mobilität
  • Manuelle Fertigkeiten
  • Koordination
  • Kontinenz
  • Fähigkeit, alltägliche Gegenstände hochzuheben, zu tragen oder an einen anderen Ort zu befördern
  • Sprach-, Hör- oder Sehvermögen
  • Gedächtnis
  • Fähigkeit, sich zu konzentrieren oder Inhalte zu lernen und zu verstehen
  • Wahrgenommenes Risiko einer physischen Gefahr
  • Psychische Erkrankungen (sofern sie eine erhebliche und langfristige Beeinträchtigung einer Person bei der Durchführung normaler alltäglicher Aufgaben darstellen).  Eine Vielzahl von psychischen Erkrankungen können zu einer Behinderung führen. Dazu zählen u. a.:
    • Demenz
    • Depression
    • Bipolare Störung
    • Zwangsstörung
    • Schizophrenie
    • Selbstverletzung

Des Weiteren sind Menschen durch das Gesetz geschützt, die unter vergangenen, wiederkehrenden oder fortschreitenden Erkrankungen, schweren Entstellungen sowie Beeinträchtigungen leiden, die behandelt werden oder wurden.  Der Schutz erstreckt sich darüber hinaus (ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung) auf Menschen mit HIV, Krebs und multipler Sklerose

Behandlungsmethoden oder korrigierende Maßnahmen und Hilfsmittel (einschließlich Medikamente) sollten bei der Bewertung einer Behinderung nicht berücksichtigt werden.  Eine schwerhörige Person gilt beispielsweise auch dann als Person mit Behinderung, wenn sie ein Hörgerät trägt, mit dem sie ein „normales“ Hörvermögen erreicht.  Die einzige Ausnahme stellen in diesem Zusammenhang Brillen und Kontaktlinsen dar.  Eine kurz- oder weitsichtige Person gilt selbst dann nicht als Person mit Behinderung, wenn sie Kontaktlinsen benötigt, um ausreichend sehen zu können

Eine Neuerung des Equality Act 2010 gegenüber früheren Gesetzestexten ist, dass eine Person mit Behinderung heute nicht mehr belegen muss, dass ihre Beeinträchtigung sich auf eine bestimmte Fähigkeit auswirkt (z. B. auf ihr Hör-, Seh- oder Sprachvermögen oder auf ihre Mobilität).

Das Gesetz in der Praxis

Das Gesetz untersagt es Arbeitgebern, Personen mit Behinderung im Bewerbungsverfahren zu benachteiligen. Unabhängig davon, ob eine Person eine Behinderung hat oder nicht, sollte der beste Bewerber für die jeweilige Position ausgewählt werden.  Folglich sollten Arbeitgeber die erforderlichen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderung fair behandelt werden.  Um dieser Anforderung gerecht zu werden, müssen Arbeitgeber mit den folgenden drei Begriffen und ihrer Bedeutung vertraut sein: angemessene Vorkehrungen bzw. Anpassungen, Rechtfertigung und Kenntnis des Arbeitgebers.

Angemessene Vorkehrungen bzw. Anpassungen

Der Equality Act 2010 schreibt vor, dass Arbeitgeber angemessene Vorkehrungen treffen müssen, um die speziellen Anforderungen einer Person mit Behinderung zu erfüllen.  Das bedeutet, dass Arbeitgeber die erforderlichen Schritte unternehmen sollten, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderung aufgrund ihrer Beeinträchtigungen nicht benachteiligt werden. Arbeitgeber sollten Situationen vermeiden, in denen Vorgaben, Kriterien oder Verfahren des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Partei eine Person mit Behinderung erheblich benachteiligen. Gleiches gilt für physische Gegebenheiten am Standort des Arbeitgebers. Arbeitgeber sollten ihre Verfahren und Gegebenheiten überprüfen und die jeweils erforderlichen Maßnahmen ermitteln, die in diesem Zusammenhang angemessen sind

Da die Begriffe „angemessene Vorkehrungen“ und „angemessene Anpassungen“ unterschiedliche Interpretationen zulassen, haben wir im Folgenden einige Beispiele zusammengetragen, die für die Durchführung von Tests relevant sind:

  • Sicherstellen, dass der Raum, in dem ein Test durchgeführt wird, über einen barrierefreien Zugang für Rollstuhlfahrer verfügt.
  • Bereitstellen von Materialien in Großschrift für Menschen mit Sehbehinderung oder Sicherstellen, dass eigene vergrößernde Sehhilfen verwendet werden können.
  • Erlauben von Tools zur Rechtschreibprüfung, sofern die Rechtschreibkenntnisse kein entscheidender Aspekt der zu testenden Fähigkeit sind.

Weiter unten in diesen Richtlinien finden Sie nähere Einzelheiten zu möglichen Anpassungen von Tests und Testumgebungen.

Beispiele für angemessene Vorkehrungen oder Anpassungen am Arbeitsplatz:

  • Anpassen der Räumlichkeiten (z. B. Rampen, Platzierung von Lichtschaltern, Regalen usw., Ändern der Beleuchtung oder ggf. der Anordnung der Möbel).
  • Beschaffen oder Ändern von Ausrüstung und Geräten.
  • Bereitstellen von Bildschirmlesern oder Gebärdensprachdolmetschern.

Was als „angemessen“ betrachtet wird, hängt zudem von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen u. a.:

  • Effektivität der Anpassung.
  • Umsetzbarkeit (kann die Anpassung z. B. innerhalb eines angemessenen Zeitraums vorgenommen werden).
  • Finanzielle Faktoren und andere Kosten (z. B. Unterbrechung wichtiger Abläufe).
  • Finanzielle Aspekte und andere Ressourcen des Arbeitgebers.

Potenzielle Arbeitgeber müssen Tätigkeitsanforderungen proaktiv prüfen und ihre Auswirkungen auf Menschen mit Behinderung ermitteln.  Darüber hinaus müssen Arbeitgeber die Auswirkungen einer bestimmten Behinderung auf die alltäglichen Aufgaben einer Person kennen und prüfen, welche Anpassungen möglich wären.  Erst dann sollte der Arbeitgeber bewerten, ob die Anpassungen angemessen sind.

Rechtfertigung

Wenn eine Person mit Behinderung gegenüber einer Person ohne diese Behinderung benachteiligt wird, ist dies im Allgemeinen ein Fall direkter Diskriminierung und damit rechtswidrig. Wenn die Person nicht unmittelbar aufgrund ihrer Behinderung, sondern aufgrund von Faktoren, die durch ihre Behinderung entstanden sind, benachteiligt wird und es keine objektive Rechtfertigung dafür gibt, ist dies ein Fall von Diskriminierung aufgrund einer Behinderung und ebenfalls rechtswidrig. Wenn ein Arbeitgeber eine Diskriminierung, die auf eine Behinderung zurückzuführen ist, jedoch rechtfertigen kann, weil sie im Zusammenhang mit etwas steht, das für eine Tätigkeit entscheidend ist, dann ist dies gemäß den Bestimmungen des Equality Act zulässig. 

Beispiel: Ein Kandidat mit starker Sehbehinderung bewirbt sich als Busfahrer.  Seine Behinderung hätte zur Folge, dass er die zentrale Aufgabe dieser Position nicht übernehmen könnte. Er könnte also aufgrund dieser Tatsache rechtmäßig abgelehnt werden, obwohl er dadurch gegenüber einem Kandidaten ohne Sehbehinderung benachteiligt wird.

Es sollte jedoch stets bedacht werden, dass eine derartige Rechtfertigung sowohl relevant als auch wohlbegründet sein muss. Wenn der Kandidat sich für eine Position beworben hätte, die keine Fahrertätigkeit beinhaltet oder bei der angemessene Anpassungen vorgenommen werden könnten, um die Notwendigkeit von Fahrertätigkeiten zu vermeiden (z. B. durch die Neuzuweisung von Aufgaben oder die Verwendung von öffentlichen Transportmitteln), wäre die oben genannte Rechtfertigung unzulässig.

Das Konzept der Rechtfertigung betrifft auch die Durchführung von Tests.  Der Arbeitgeber sollte Folgendes belegen können:

  • Die getestete Fähigkeit oder Eigenschaft ist für die Tätigkeit entscheidend.  Dies lässt sich üblicherweise durch eine Stellenanalyse belegen.
  • Die Person mit Behinderung könnte die Tätigkeit auch bei einer angemessenen Anpassung nicht ausüben, durch die die geforderte Fähigkeit oder Eigenschaft irrelevant würde.
  • Der Test ist geeignet, um die relevante Fähigkeit oder Eigenschaft zu testen, da er sich auf den Tätigkeitsbereich bezieht, nachdem dieser in angemessenem Umfang angepasst wurde.

Im Allgemeinen sollten Bewerber im Rahmen eines Auswahlverfahrens keine Aufgaben lösen müssen, die für die Tätigkeit nicht relevant sind. Anderenfalls könnte eine Behinderung das Testergebnis eines Bewerbers beeinträchtigen, obwohl er die relevanten Aufgaben einer Tätigkeit problemlos übernehmen könnte.  

Kenntnis des Arbeitgebers

Arbeitgeber müssen angemessene Schritte unternehmen, um sich über die Behinderungen einer Person zu informieren und herauszufinden, welche Maßnahmen ergriffen werden können, damit diese Behinderungen für den Bewerber nicht zum Nachteil werden. So könnte ein Bewerbungsformular beispielsweise folgenden Text enthalten: 

„An unserem Auswahltag werden u. a. psychometrische Tests am Computer durchgeführt.  Bitte geben Sie unten an, ob Sie spezielle Anforderungen haben, falls Sie zu unserem Auswahlverfahren eingeladen werden.“

Alternative:

„An unserem Auswahltag werden u. a. psychometrische Tests durchgeführt. Diese umfassen Papier- und Bleistift-Tests sowie die Bearbeitung und Erfassung von Informationen aus verschiedenen Quellen. Bitte geben Sie unten an, ob Sie spezielle Anforderungen haben, falls Sie zu unserem Auswahlverfahren eingeladen werden.“

Selbstverständlich kann nicht erwartet werden, dass ein Arbeitgeber Anpassungen für eine Person mit Behinderung vornimmt, wenn er nicht von dieser Behinderung weiß und nicht davon ausgegangen werden kann, dass er davon wissen sollte. Das Gesetz schützt Bewerber nur, wenn sie den Arbeitgeber im Vorfeld über ihre Behinderung und Anforderungen informiert haben. Beachten Sie jedoch, dass das Gesetz greift, sobald ein „Vertreter“ des Arbeitgebers von der Behinderung weiß. Da Behinderungen ein sensibles Thema sind, entscheiden einige Bewerber sich möglicherweise, den betrieblichen Gesundheitsbeauftragten eines Unternehmens im Vertrauen über ihre Behinderung zu informieren. Dieser muss dann gegebenenfalls erforderliche Anpassungen empfehlen, ohne Details über die Behinderung preiszugeben. Auch Personaldienstleister können als Vertreter eines Arbeitgebers gelten.

Ebenfalls möglich ist, dass ein Bewerber die Personalabteilung vertraulich über seine Behinderung informiert, jedoch darum bittet, den potenziellen Vorgesetzten nicht in Kenntnis zu setzen. Denkbar sind auch Situationen, in denen zwar Anpassungen bei der Durchführung und Auswertung von Tests vorgenommen werden könnten, ohne den Vorgesetzten über eine bestimmte Behinderung zu informieren, in denen eine solche Anpassung jedoch abgelehnt wird. In diesem Fall sollte die Personalabteilung die möglichen Konsequenzen dieser Entscheidung darlegen.

Es ist gesetzlich zulässig, Fragen im Zusammenhang mit einer angemessenen Anpassung zu stellen, die für eine Beurteilung relevant sind. Beachten Sie jedoch, dass jegliche Informationen zu Behinderungen oder gesundheitlichen Aspekten, die ein Arbeitgeber zum Anpassen des Auswahlverfahrens oder der Auswertung erhält, nach Möglichkeit separat aufbewahrt werden sollten. Darüber hinaus sollten diese Informationen bei der Entscheidung bezüglich eines Stellenangebots keine Rolle spielen. 

Für den Fall späterer Diskriminierungsvorwürfe oder -klagen wird dringend empfohlen, dass Arbeitgeber die gesamte Korrespondenz zu einem Fall aufbewahren und jegliche mündliche Besprechungen dokumentieren.

Equality and Human Rights Commission (Kommission für Gleichstellung und Menschenrechte)

Die Equality and Human Rights Commission (EHRC) hat einen Leitfaden veröffentlicht, der eine wichtige Ressource für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Bewerber ist. In diesem Leitfaden sind Best Practices aufgeführt, die mit dem Equality Act 2010 konform sind. Sie können unter folgender Adresse darauf zugreifen: www.equalityhumanrights.com/sites/default/files/documents/EqualityAct/employercode.pdf

The Disability Confident Scheme
Das Programm „Disability Confident“ der britischen Regierung

Das Programm „Disability Confident“ wurde ins Leben gerufen, um Arbeitgeber zu ermutigen, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Arbeitgeber, die sich für die Teilnahme an diesem Programm registrieren, verpflichten sich zu Folgendem:

  • Beseitigen von Vorurteilen im Zusammenhang mit Behinderungen.
  • Aneignen von Wissen zu Behinderungen.
  • Beseitigen von Hindernissen bei der Einstellung von Menschen mit Behinderung (einschließlich Personen mit langfristigen gesundheitlichen Einschränkungen).
  • Sicherstellen, dass Menschen mit Behinderung Entwicklungschancen erhalten, um ihr Potenzial voll zu entfalten.
Beispiele:
  • Garantierte Durchführung eines Bewerbungsgesprächs, wenn ein Bewerber die Mindestanforderungen für die Tätigkeit erfüllt.
  • Anbieten von Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung, z. B. Praktika, Probearbeit, Ausbildung usw.
  • Sicherstellen, dass Mitarbeiter in Fragen der Gleichstellung von behinderten Menschen geschult werden.
  • Einführen von Coaching-/Mentoring-Programmen.

Die erste Verpflichtung kann bedeuten, dass eine Person mit Behinderung zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wird, ohne zuvor an den psychometrischen Tests teilnehmen zu müssen, die im Rahmen des Auswahlverfahrens vorab für alle anderen Bewerber stattfinden.  In diesem Fall sollte der Arbeitgeber jedoch die konkreten „Mindestkriterien“ für die jeweilige Tätigkeit kennen und klar definieren

3. Durchführung von Tests bei Personen mit Behinderungen

Allgemeines

  • Wenn von „Personen mit Behinderungen“ die Rede ist, kann dies den Anschein erwecken, dass es sich um eine homogene Gruppe von Menschen handelt.  Dies ist selbstverständlich nicht der Fall. Jeder Mensch ist anders.  „Ähnliche“ Behinderungen können unterschiedliche Auswirkungen auf Menschen haben, und selbstverständlich gibt es auch Menschen mit mehreren Behinderungen.  Jeder Mensch ist anders, und Testverfahren sollten entsprechend gestaltet werden.  Bitte berücksichtigen Sie dies auch, wenn Sie weiter unten die Abschnitte zu spezifischen Behinderungen lesen. So lassen sich z. B. keine pauschalen Aussagen über alle Menschen mit Sehbehinderung treffen.
  • Wie im vorherigen Abschnitt bereits erläutert, sollten Arbeitgeber vor jedem Auswahl- oder Testverfahren angemessene Schritte unternehmen, um über mögliche Behinderungen von Bewerbern Kenntnis zu erlangen. In diese Schritte sollte nach Möglichkeit der verantwortliche Mitarbeiter oder Vertreter des Arbeitgebers einbezogen werden, der die Tests durchführt und/oder auswählt. Nur so können Kandidaten ausreichend über die bevorstehenden Testaufgaben informiert werden.
  • Bevor Änderungen oder Anpassungen an Tests oder anderen Auswahltools in Betracht gezogen werden, sollte der Arbeitgeber prüfen, welche Anpassungen am Tätigkeitsbereich selbst vorgenommen würden, um den Anforderungen eines Bewerbers mit Behinderung gerecht zu werden.  Möglicherweise haben die Änderungen am Tätigkeitsbereich zur Folge, dass der Test, der üblicherweise verwendet würde, nicht mehr geeignet ist und stattdessen ein anderer Test bzw. eine alternative Beurteilungsmethode verwendet werden sollte.  Arbeitgeber sollten berücksichtigen, dass sie die Fähigkeiten des Bewerbers im Hinblick auf den angepassten Tätigkeitsbereich überprüfen, der gegebenenfalls bereits basierend auf der jeweiligen Behinderung neu definiert wurde.
  • Sie sollten zudem genau prüfen, welche Fähigkeiten oder Eigenschaften sie testen möchten und ob sich diese durch den verwendeten Test tatsächlich auswerten lassen.  Jeder Test umfasst zwei wesentliche Aspekte: Einerseits geht es um die Kompetenz oder Eigenschaft, die getestet werden soll, und andererseits um die Technologie oder Technik, um den Test physisch zu bearbeiten.  Wenn z. B. die Fähigkeit, Informationen in Textform zu lesen und zu verstehen wichtig ist, motorische Fähigkeiten jedoch keine Rolle spielen, könnte der Test bei Bewerbern mit eingeschränkten motorischen Fähigkeiten so angepasst werden, dass ihnen jemand zur Seite gestellt wird, der ihre Antworten auf dem Testformular einkreist oder ankreuzt.  Um zu entscheiden, welche Anpassungen am Testverfahren vorgenommen werden sollten, muss genau definiert werden, welche Fähigkeiten für eine Tätigkeit wirklich relevant sind und ausgewertet werden sollen.
  • Nachdem ein Arbeitgeber all diese Aspekte berücksichtigt und eine fundierte Entscheidung bezüglich der anwendbaren Tests getroffen hat, sollte er festlegen, welche Anpassungen am Testverfahren vorgenommen werden sollten.  Dabei ist es empfehlenswert, die Kandidaten selbst zu befragen. Sie verfügen über umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit ihrer Behinderung und wissen genau, was sie benötigen.  Werden Bewerber vorab rechtzeitig informiert, können sie zudem weitere Hilfsmittel (z. B. vergrößernde Sehhilfen) mitbringen oder Angaben dazu machen, wo zusätzliche Hilfsmittel erhältlich sind.  Darüber hinaus haben Arbeitgeber die Möglichkeit, uns bezüglich unserer psychometrischen Tests zu kontaktieren. Dies kann insbesondere bei Kandidaten wichtig sein, die erstmalig an psychometrischen Tests teilnehmen und nicht wissen, was sie erwartet.
  • Nachdem mögliche Änderungen in Betracht gezogen wurden, kann sich herausstellen, dass der Test nicht entsprechend angepasst werden kann bzw. dass die erforderlichen Anpassungen den Test derart verändern, dass er sich nicht länger für die gewünschte Beurteilung eignet.  In solchen Fällen können Arbeitgeber festlegen, dass ein garantiertes Bewerbungsgespräch mit betroffenen Kandidaten durchgeführt wird, und einen entsprechenden Plan erarbeiten.  Wenn Arbeitgeber das Konzept des garantierten Bewerbungsgesprächs wählen, müssen Bewerber mit Behinderung, die die Mindestanforderungen oder wesentlichen Kriterien für eine Tätigkeit erfüllen, nicht an psychometrischen Tests oder anderen Phasen des Auswahlverfahrens teilnehmen. Da davon ausgegangen wird, dass keine geeigneten Anpassungen am Testverfahren vorgenommen werden können, wird der Bewerber stattdessen direkt zu einem Gespräch eingeladen.  Diese Vorgehensweise gilt als angemessene Anpassung und ist rechtmäßig. Das oben genannte „Disability Confident“-Programm ist ein Beispiel für einen solchen Plan.  Gleiches gilt für Auswahlverfahren, bei denen zunächst Online-Tests durchgeführt werden, bevor die Kandidaten zu weiteren Tests vor Ort eingeladen werden. Auch in diesem Fall können Arbeitgeber festlegen, dass Bewerber mit Behinderung nicht an den Online-Tests teilnehmen müssen. Wenn Arbeitgeber unsicher sind, was als angemessene Anpassung gilt, sind garantierte Bewerbungsgespräche für Kandidaten mit Behinderung eine gute Strategie, um sich gegen potenzielle Diskriminierungsvorwürfe und -klagen zu schützen.
  • Es ist immer wichtig, Bewerber auf Testverfahren vorzubereiten; besonders wichtig ist dies jedoch bei Kandidaten mit Behinderung.  Wenn Bewerber nicht wissen, was sie bei den Tests erwartet, ist es schwierig, die erforderlichen Anpassungen zu benennen.  Falls Übungstests oder Infomaterial mit Testbeispielen verfügbar sind, sollte der Arbeitgeber dieses Material rechtzeitig an Bewerber verteilen und um eine Rückmeldung bitten.
  • Für Kandidaten mit Behinderung ist die Anreise zum Standort des Auswahlverfahrens möglicherweise anstrengender als für andere Bewerber, und gegebenenfalls benötigen sie Unterstützung.  Aus diesem Grund sollten sie die Möglichkeit haben, sich nach ihrer Ankunft etwas zu erholen.  Arbeitgeber sollten Unterstützung anbieten, diese jedoch nicht aufzwingen.
  • Um den Anforderungen von Menschen mit Behinderung gerecht zu werden, können eine Reihe verschiedener Anpassungen vorgenommen werden.  In den Abschnitten zu spezifischen Behinderungen weiter unten finden Sie Empfehlungen zu den häufigsten Behinderungen.  Diese Empfehlungen sind weder vollständig noch final. Sie sollen lediglich als Anhaltspunkt dienen und müssen auf die individuellen Anforderungen und unterschiedlichen Ausprägungen der Behinderungen eines Bewerbers abgestimmt werden. Im Allgemeinen können jedoch in folgenden Bereichen Anpassungen vorgenommen werden:
    • Am Test selbst.  Zu diesen Anpassungen zählen u. a. Testversionen in Groß- oder Brailleschrift.  Wenn der Test selbst geändert wird, zeigt dies, dass ein Unternehmen die Anforderungen von Menschen mit Behinderung ernst nimmt. Zudem werden die Anpassungen vom Herausgeber des Tests vorgenommen und nicht von der Person, die den Test auswertet.  Allerdings lassen sich diese Anpassungen nicht immer problemlos vornehmen, und möglicherweise sind die benötigten Testversionen nicht kurzfristig verfügbar.  Bei einigen Tests kann es schwierig oder unmöglich sein, die Inhalte entsprechend anzupassen. So können Tests, die vorwiegend aus Abbildungen bestehen, beispielsweise nicht problemlos in Brailleschrift wiedergegeben werden.  Arbeitgeber und andere Testnutzer sollten sich zudem bewusst sein, dass es bei der Anpassung von Tests keine Standardversionen gibt.  Nehmen wir Sehbehinderungen als Beispiel. Einige Kandidaten bevorzugen möglicherweise Großschriftversionen, einige Großschriftversionen auf bestimmten Hintergrundfarben, einige Brailleschrift, einige eine Kombination aus Braille- und Großschrift und einige eine Testversion, die mit einer vergrößernden Sehhilfe oder einem Bildschirmleser erfasst werden kann.  Dies zeigt, wie wichtig es ist, den Bewerber selbst zu fragen, was für ihn am besten wäre
    • Das Testverfahren und Hilfsmittel.  Viele kleinere Änderungen des Testmaterials lassen sich schnell und einfach vornehmen, z. B. das Erstellen einer vergrößerten Version eines Antwortbogens.  Möglicherweise müssen auch die Testanweisungen oder andere Aspekte geringfügig geändert werden.
    • Der Testzeitplan.  Insbesondere Zeitvorgaben können für Menschen mit bestimmten Behinderungen ein Problem darstellen.  Bewerber, die eine vergrößernde Sehhilfe nutzen, benötigen mehr Zeit, um den Inhalt einer Seite zu erfassen. Folglich bleibt ihnen weniger Zeit, um die eigentlichen Testaufgaben zu bearbeiten.  Gleiches gilt, wenn einem Bewerber jemand zur Seite gestellt wird, um den Antwortbogen auszufüllen. Auch in diesem Fall benötigt der Kandidat mehr Zeit.  Alternativ können Arbeitgeber einen Test ohne Zeitbeschränkung wählen oder die Zeiterfassung flexibler handhaben.
    • Die verfügbare Ausrüstung. Arbeitgeber können sicherstellen, dass ein Bewerber spezielle Software, vergrößernde Hilfsmittel, Hörgeräte usw. nutzen kann.
    • Die Räumlichkeiten. Arbeitgeber können einen barrierefreien Zugang (z. B. für Rollstuhlfahrer) ermöglichen und die Licht- und Temperaturverhältnisse anpassen.
    • Unterstützende Mitarbeiter. Während eines Tests können den Kandidaten Mitarbeiter zur Seite gestellt werden, die z. B. die Testfragen vorlesen, die Antwortbogen ausfüllen oder Seiten umblättern.
  • Viele dieser Empfehlungen beziehen sich auf Tests zum Bewerten der Fähigkeiten einer Person oder auf andere Methoden zum Auswerten der Leistungsfähigkeit.  Dies bedeutet zwar nicht, dass bei Persönlichkeitstests keine entsprechenden Anpassungen möglich sind. Dieser Bereich ist in der Regel jedoch weniger problematisch.  Viele der Probleme beim Durchführen von Tests bei Menschen mit Behinderungen (z. B. Zeitvorgaben oder Bildmaterial) sind bei Persönlichkeitstests nicht relevant. Dementsprechend ist bei dieser Art von Tests die Wahrscheinlichkeit deutlich geringer, dass ein Bewerber mit Behinderung benachteiligt wird.  Wenn entschieden wurde, dass ein Kandidat nicht an den Fähigkeitstests eines Auswahlverfahrens teilnehmen muss, bedeutet das nicht automatisch, dass auch die Persönlichkeitstests für ihn wegfallen.
  • Möglicherweise hat es den Anschein, dass die Empfehlungen in diesen Richtlinien dem Prinzip standardisierter Tests für alle Bewerber widersprechen.  Doch tatsächlich gibt es keinen Widerspruch.  Eine Testsituation entspricht bei Menschen mit Behinderung ohnehin nicht der einer Person ohne Behinderung. Wenn für einen Bewerber mit Behinderung angemessene Anpassungen vorgenommen werden, ist dies vielmehr der Versuch, das Testverfahren für alle Kandidaten anzugleichen.
  • Die nachfolgende Liste verschiedener Behinderungen bezieht sich auf die häufigsten Probleme, die beim Durchführen von Tests auftreten. Aus diesem Grund liegt der Schwerpunkt möglicherweise eher auf „physischen“ Einschränkungen wie Sehbehinderungen als auf Problemen im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen. Dies soll die Bedeutung von psychischen Behinderungen keinesfalls verharmlosen. Bei Tests zur beruflichen Eignung spielen sie jedoch seltener eine Rolle, und es ist schwieriger, klare Richtlinien für den Umgang mit diesen Einschränkungen zu definieren.
Kandidaten mit Sehbehinderungen

Begriffe wie „Sehbehinderung“, „Sehschwäche“, „eingeschränkte Sehkraft“ und „Blindheit“ beziehen sich auf eine breite Palette an Einschränkungen. Viele Betroffene verfügen über einen gewissen Grad an Sehkraft, und für jeden Bewerber mit Sehbehinderung gelten in Testsituationen individuelle Anforderungen.  Wie oben bereits erwähnt, ist es äußerst wichtig, dass Arbeitgeber sich rechtzeitig mit betroffenen Bewerbern in Verbindung setzen, um die jeweils erforderlichen Anpassungen für das Testverfahren zu ermitteln.  

Besondere Herausforderungen können bei computergestützten Tests auftreten.  Viele Menschen mit Sehbehinderung verfügen über Strategien und Tools, um effektiv mit Computern zu arbeiten. Dazu zählen u. a. Sprachausgabetools, Bildschirmlupen, eine Anpassung der Schriftgröße, die Braillezeile für geschriebenen Text usw.  Bei computergestützten Tests lassen sich diese Tools und Strategien möglicherweise nicht nutzen, da die Anzeige der Testinhalte üblicherweise nicht geändert werden kann. Auch Zeitvorgaben lassen sich mitunter nicht problemlos anpassen.  Im Fall von Online-Tests, die remote über das Internet durchgeführt werden, besteht zudem das Problem, dass keine reale Person anwesend ist, um einen Kandidaten mit Behinderung während des Testverfahrens zu unterstützen. Bitte kontaktieren Sie The Myers-Briggs Company Limited, wenn Sie Fragen zu bestimmten Fällen im Zusammenhang mit unseren psychometrischen Tests haben.

Nachfolgend sind mögliche Anpassungen bei papierbasierten Tests aufgeführt:

  • Einscannen der TestinhalteEinige Bewerber bitten Sie möglicherweise, Testmaterial auf dem Computer einzuscannen, damit sie z. B. die Schriftgröße ändern oder Sprachausgabetools verwenden können. Auch hier muss vorab eine entsprechende Genehmigung eingeholt werden, die wir üblicherweise erteilen. Dabei gelten selbstverständlich die jeweiligen Einschränkungen der Lizenzgeber, und es muss sichergestellt werden, dass die Computerversion nach dem Testverfahren dauerhaft gelöscht wird.
  • Großschriftversionen der TestinhalteVorbehaltlich der Einschränkungen des jeweiligen Lizenzgebers erteilen wir auf Einzelfallbasis üblicherweise die Genehmigung, Großschriftkopien der Tests zu erstellen. Testnutzer müssen diese Genehmigung jedoch vorab einholen. (Bitte wenden Sie sich mit einer entsprechenden Anfrage an unser Product Management Team.) Beim Erstellen von Großschriftversionen sollte das gesamte Material berücksichtigt werden (Arbeitsunterlagen, Antwortbogen, Infomaterial usw.). Bitte beachten Sie, dass einige Tests mit umfangreichem physischen Material (z. B. Postkorbübungen) im Großschriftformat unhandlich werden.  Wenn möglich sollte die ursprüngliche Seitengröße (z. B. A4) beibehalten werden. Einige Kandidaten halten die Unterlagen möglicherweise in kurzer Distanz zum Auge, um sie zu lesen.  Jeder Kandidat hat eigene Präferenzen, wenn es um die Vergrößerung von Text geht. Bewerber mit geringer Sehschädigung wünschen möglicherweise nur eine geringfügige Vergrößerung (z. B. auf 14 pt), da sich der Text so schneller lesen lässt als beispielsweise bei 22 pt.  Vergrößerungen auf mehr als 22 pt oder 24 pt sind häufig unpraktisch, und insbesondere Tests mit Abbildungen und Diagrammen lassen sich nicht auf diese Größe anpassen.  Aus den vorstehenden Gründen ist es nicht immer möglich, eine einzige „Standard“-Großschriftversion für einen Test zu erstellen.
  • Vergrößernde SehhilfenEinige Bewerber bringen vergrößernde Sehhilfen zum Testverfahren mit oder bitten darum, dass man ihnen Sehhilfen zur Verfügung stellt. Selbstverständlich sollten Arbeitgeber ihnen gestatten, diese zu nutzen.
  • Braille-Versionen der TestsAuch wenn diese Lösung naheliegend scheint, eignen sich Braille-Tests in der Praxis nur in bestimmten Fällen. Nachfolgend sind einige Gründe aufgeführt:
    • Viele Menschen mit Sehbehinderung verfügen nur über geringe oder gar keine Kenntnisse der Brailleschrift. Schätzungen zufolge können weniger als fünf Prozent der Betroffenen Braille flüssig lesen.  Arbeitgeber sollten niemals voraussetzen, dass ein Bewerber die Brailleschrift beherrscht.
    • Nicht alle Tests sind in Brailleschrift verfügbar, und die Übertragung in diese Schrift kann aufwendig und komplex sein.  Wenngleich Computersoftware diese Übertragung in der Theorie deutlich einfacher gemacht hat, kann sie in der Praxis schwierig sein.  So gibt es beispielsweise unterschiedliche Konventionen zur Darstellung von Tabelleninhalten in Braille, und nicht jeder Bewerber kommt mit jedem Format gleich gut zurecht.
    • Bei einigen Tests kann es äußerst schwierig oder unmöglich sein, die Inhalte effektiv in Brailleschrift umzuwandeln. Dies gilt z. B. für Tests mit Bildern, Diagrammen und Tabellen.
  • Vorlesen von TestinhaltenTestinhalte können in einer Audiodatei erfasst und wiedergegeben oder während des Tests von einem Assistenten (einer realen Person) vorgelesen werden. Diese Vorgehensweise eignet sich möglicherweise jedoch nur für Tests ohne grafische Inhalte und könnte bei Persönlichkeitstest problematisch sein, in denen vertrauliche Fragen beantwortet werden müssen.  Denn ein solcher Assistent müsste gegebenenfalls auch die Antworten des Bewerbers aufschreiben.
  • Anpassung der ZeitvorgabenAlle der oben genannten Maßnahmen haben tendenziell zur Folge, dass ein Bewerber mehr Zeit benötigt. Folglich sollten die Zeitvorgaben angepasst werden.  In diesem Zusammenhang lässt sich keine feste Regel aufstellen. Häufig sollte das Zeitfenster jedoch um bis zu 50 Prozent erweitert werden.  Es kann sinnvoll sein, den Fortschritt eines Bewerbers nach bestimmten Zeitabständen zu ermitteln. Arbeitgeber können einen Kandidaten z. B. bitten, im Anschluss an die „standardmäßige“ Testdauer in Zeitintervallen von je zehn Minuten zu notieren, wie weit sie gekommen sind.  Wenn mehrere Tests durchgeführt werden sollen, ist es sinnvoll, zunächst den Test mit dem geringsten Zeitdruck durchzuführen und anhand der für diesen Test benötigten Zeit die zusätzliche Zeitdauer festzulegen, die für die nachfolgenden Tests zur Verfügung steht.
  • Auch wenn die Lichtverhältnisse nicht unbedingt in den Bereich der Anpassungen fallen, spielen sie für viele Bewerber eine große Rolle.  Schlechte Lichtverhältnisse sowie solche, die zu Spiegelungen auf dem Testmaterial führen, eine ungleichmäßige Beleuchtung usw. können insbesondere Bewerber mit Sehbehinderung beeinträchtigen.  Daher sollten die Lichtverhältnisse in den Räumlichkeiten des Testverfahrens gemeinsam mit dem Kandidaten überprüft werden, bevor die Tests durchgeführt werden.

Die erforderlichen Anpassungen hängen also sowohl von der individuellen Sehbehinderung des Kandidaten als auch von der Art des Testmaterials ab.  Wenn Bewerber befragt werden, welche Anpassungen für sie am besten sind, sollten sie umfassend über die Art und das Format des Tests informiert werden. Selbstverständlich muss dabei berücksichtigt werden, dass nicht alle Anpassungen umsetzbar und möglich sind.

Kandidaten mit Legasthenie

Bis zu zehn Prozent der britischen Bevölkerung weisen Symptome von Legasthenie auf. Damit bilden diese Menschen die größte Gruppe von Personen mit Behinderungen, die wahrscheinlich im Rahmen eines Auswahlverfahrens an Tests teilnehmen.  Wenngleich sich Legasthenie in erster Linie durch Probleme beim Lesen und Schreiben zeigt, tun sich die Betroffenen häufig auch bei Organisations- und Planungsaufgaben schwer.  Einige Behörden sind der Meinung, dass Menschen mit Legasthenie kreativer oder innovativer sind als andere Personen. Bei Multiple-Choice-Fähigkeitstests mit Zeitvorgabe, bei denen Informationen schnell erfasst und organisiert werden müssen, um die richtigen vorformulierten Antworten auszuwählen, sind die Betroffenen jedoch eher benachteiligt.

Bei vielen Menschen mit Legasthenie wurden in einer umfangreichen Diagnostik die erforderlichen Maßnahmen ermittelt, um mit alltäglichen Herausforderungen und somit auch mit möglichen Testverfahren umzugehen.  Beim Durchführen von Tests bei legasthenen Personen können eine Reihe von Anpassungen vorgenommen werden. Dazu zählen u. a.:

  • Sicherstellen, dass ein verantwortlicher Mitarbeiter die Anweisungen vorliest und die Beispiele erläutert (sodass Kandidaten nicht darauf angewiesen sind, die Anweisungen selbst zu lesen).  Dies ist eine Standardvorgehensweise bei vielen Tests. Bei Online-Tests oder anderen computergestützten Tests, bei denen üblicherweise keine gesprochenen Anweisungen verfügbar sind, kann dies jedoch nur eingeschränkt möglich sein.  In einigen Fällen können Sprachausgabetools eingesetzt werden.
  • Für einige Kandidaten kann die Verwendung von computergestützten Sprachausgabetools sinnvoll sein.
  • Anpassung der Zeitvorgaben.  Viele Kandidaten können aufgrund von schulischen Testsituationen einschätzen, welche Richtwerte für die Anpassung von Zeitvorgaben in ihrem individuellen Fall sinnvoll sind.  Auch hier können Kandidaten gebeten werden, nach bestimmten Zeitintervallen in den Testunterlagen zu markieren, wie viele Fragen sie bearbeitet haben.

Wie bei jeder Testsituation sollte auch hier geprüft werden, wie die Bearbeitungsweise des Tests mit der zu prüfenden Fähigkeit und der individuellen Behinderung des Bewerbers zusammenhängt. Wenn schnelles Lesen und Erfassen von schriftlichen Informationen z. B. ein entscheidender Aspekt der Tätigkeit ist und sich dies nicht umgehen lässt, dann liegt es auf der Hand, weshalb trotz der Behinderung eines Kandidaten ein Test mit einer großen Menge an schriftlichen Informationen sinnvoll ist, um die erforderliche Fähigkeit zu testen. Wenn dies jedoch keine Grundvoraussetzung für die Tätigkeit ist, lässt sich die Verwendung eines solchen Tests bei einem legasthenen Kandidaten weniger gut rechtfertigen.

Kandidaten mit Hörbehinderungen

Die meisten Fähigkeits- und Persönlichkeitstests sind visuell erfassbar, sodass die Tests selbst kaum bzw. gar nicht angepasst werden müssen. Bei der Art und Weise, wie ein Test durchgeführt wird, sollten jedoch eine Reihe von Anpassungen in Betracht gezogen werden.

  • Arbeitgeber sollten den Bewerber vorab zu seinen Anforderungen befragen. Kann er z. B. von den Lippen ablesen, oder wird ein Gebärdensprachdolmetscher benötigt?  Wenn ein Dolmetscher benötigt wird, sollte sich dieser neben dem Kandidaten befinden, und der verantwortliche Mitarbeiter, der den Test durchführt, sollte beim Sprechen nicht den Dolmetscher, sondern den Kandidaten ansehen.
  • Er sollte sich klar und deutlich ausdrücken, jedoch nicht übertrieben langsam oder laut sprechen.   Außerdem sollte er seine Worte direkt an den Bewerber richten, seinen Mund nicht bedecken und sich nicht abwenden (damit der Bewerber jederzeit von seinen Lippen ablesen kann).
  • Empfehlenswert sind Situationen, in denen Bewerber einzeln getestet werden. Wenn der Kandidat jedoch als Teil einer Gruppe getestet wird, sollte er den für die Testdurchführung verantwortlichen Mitarbeiter gut sehen können.
  • Möglicherweise sind Bewerber nicht in der Lage, flüssig zu sprechen. Sie sollten vorab dazu befragt werden, wie sie während der Tests Fragen stellen möchten. Gegebenenfalls benötigen sie Papier und Bleistift, um ihre Fragen zu formulieren.  Außerdem kann es erforderlich sein, Erläuterungen oder zusätzliche Anweisungen für einen Kandidaten aufzuschreiben.
  • Beachten Sie außerdem, dass die britische Gebärdensprache BSL (British Sign Language) für hörgeschädigte Bewerber in Großbritannien, die diese Sprache beherrschen, häufig die Erstsprache und Englisch die Zweitsprache ist.  Bewerber aus Nordamerika (und anderen Ländern) verstehen diese Sprache jedoch möglicherweise nicht.

Einige Tests sind für Menschen mit Hörbehinderung ungeeignet. Dazu zählen z. B. Gruppenübungen oder computergestützte Tests mit Audio- oder Videoinhalten ohne Untertitelung.  Da viele Bewerber zudem möglicherweise Probleme bei der mündlichen Kommunikation haben, kann es für sie schwierig sein, an Übungen wie Präsentationen, Rollenspielen oder Verhandlungssituationen teilzunehmen.

Kandidaten mit motorischen Beeinträchtigungen

Beim Durchführen von Tests bei Bewerbern mit motorischen Beeinträchtigungen kann es erforderlich sein, eine Reihe von Anpassungen vorzunehmen:

  • Für Rollstuhlfahrer und andere Bewerber mit motorischen Beeinträchtigungen sollte ein barrierefreier Zugang zu den Räumlichkeiten ermöglicht werden.
  • Die Höhe von Tischen, Stühlen und weiterem Mobiliar sollte passend eingestellt werden oder anpassbar sein.
  • Wenn Bewerber Software, Computer oder spezielle Hilfsmittel mitbringen müssen, sollte dies bei der Vorbereitung der Räumlichkeiten berücksichtigt werden (z. B. durch einen größeren Arbeitsbereich, Steckdosen, ausreichend Zeit für die Einrichtung usw.).
  • Einigen Kandidaten fällt es möglicherweise schwer, mit den Testunterlagen zu arbeiten oder Seiten umzublättern. Die meisten Bewerber verfügen jedoch über Hilfsmittel für diese Aufgaben. Wenn bei einem Test mit einer großen Menge an Dokumenten gearbeitet werden muss (z. B. bei einer Postkorbübung), können jedoch Schwierigkeiten auftreten.  Bewerber sollten über das Format der Unterlagen informiert und befragt werden, welche Maßnahmen gegebenenfalls erforderlich sind.
  • Möglicherweise sind alternative Methoden zum Notieren von Antworten erforderlich. Bewerber sind gegebenenfalls nicht in der Lage, Antworten einzukreisen oder anzukreuzen, und es ist unwahrscheinlich, dass diese Fähigkeit mit der Fähigkeit oder Eigenschaft zusammenhängt, die getestet wird.  Zum Notieren von Antworten können spezielle Hilfsmittel oder die Unterstützung durch einen Assistenten erforderlich sein. In beiden Fällen sollte gegebenenfalls die Zeitvorgabe des Tests angepasst werden.
  • Viele computergestützte Tests lassen sich nicht problemlos anpassen, um den Einsatz spezieller Hilfsmittel zu ermöglichen.  In diesem Fall sollte eine alternative Testmethode gewählt werden.
  • Zwischen den Tests oder während längerer Übungen (z. B. bei Persönlichkeitstests oder Postkorbübungen) sind gegebenenfalls längere Pausen nötig.
  • Bei Tests mit Bewerbern, die an einen Rollstuhl gebunden sind, sollten die für die Durchführung verantwortlichen Mitarbeiter ebenfalls sitzen.  Der Bewerber könnte sich unwohl fühlen, wenn sein Gegenüber sich zu ihm hinunterbückt oder von oben herab mit ihm spricht.
Kandidaten mit Sprachbehinderung

Bewerber mit Sprachbehinderung, z. B. ausgeprägtem Stottern, stellen insbesondere in Gruppenübungen möglicherweise weniger Fragen, was sich unter bestimmten Umständen nachteilig für sie auswirken kann.  Der für die Durchführung des Tests verantwortliche Mitarbeiter sollte den Bewerber gegebenenfalls im Einzelgespräch testen oder Fragen nicht an die gesamte Gruppe, sondern direkt an den Bewerber richten.

Kandidaten mit Lernbehinderung

Im Allgemeinen wird davon abgeraten, Standardtests zur beruflichen Eignung, wie sie von uns veröffentlicht und angeboten werden, für Kandidaten mit Lernbehinderungen zu verwenden.  Bei Standardpersönlichkeitstests treten wahrscheinlich ebenfalls Probleme auf. Möglicherweise verstehen Bewerber die Fragen nicht, sodass ein unzutreffendes Profil erstellt wird.

4. Interpretation von Testergebnissen

Ein wichtiger Vorteil von psychometrischen Tests ist, dass sie standardisiert sind. Alle Kandidaten bearbeiten denselben Test, und ihre Ergebnisse werden anhand einer gemeinsamen Normgruppe verglichen.  Wenn Tests jedoch für Personen mit Behinderungen durchgeführt werden, gelten nicht mehr dieselben, standardisierten Bedingungen, sodass die Ergebnisse mit Bedacht interpretiert werden sollten.  Dennoch lassen sich einige allgemeine Regeln formulieren:

  • Die Testergebnisse werden üblicherweise wie gewohnt ermittelt. Es sollte jedoch besonders aufmerksam vorgegangen werden, wenn Markierungen oder Zahlen beispielsweise von einem Antwortbogen in Großschrift übertragen werden müssen.  Dabei sollte auf eventuelle Positionsfehler beim Ausfüllen des Antwortbogens geachtet werden.  Außerdem ist es sinnvoll, weitere Informationen wie die Anzahl der beantworteten Fragen, die Anzahl der richtig und falsch beantworteten Fragen (und damit die Genauigkeit) sowie gegebenenfalls die Ergebnisse nach verschiedenen Zeitintervallen zu notieren, die während der zusätzlich verfügbaren Zeit erfasst wurden.
  • Das Vergleichen der Testergebnisse mit einer Normgruppe ist problematisch.  Wenn ein Bewerber zum Bearbeiten des Tests mehr Zeit hatte als andere Kandidaten, sollten Arbeitgeber die Standardisierung bei unterschiedlichen Zeitvorgaben betrachten und auch den erzielten Genauigkeitswert berücksichtigen.  Dies kann einen realistischeren Eindruck davon vermitteln, inwieweit der Kandidat tatsächlich über eine Fähigkeit verfügt.  Allerdings können in diesem Zusammenhang keine festen Regeln aufgestellt werden.  Arbeitgeber sollten die Ergebnisse des Kandidaten mit Blick auf die Anforderungen der jeweiligen Tätigkeit bewerten und nicht zu sehr auf einen Vergleich mit den Ergebnissen anderer Bewerber setzen.  Dazu kann es sinnvoll sein, weitere Informationen zu einer Fähigkeit zu berücksichtigen, die aus anderen Quellen stammen.
  • Ein wichtiger Aspekt, der berücksichtigt werden sollte, betrifft den Standardmessfehler (Standard Error of Measurement, SEM).  Bei einem Kandidaten mit Behinderung liefert ein Test wahrscheinlich unzuverlässigere Ergebnisse bezüglich einer Fähigkeit als bei einem anderen Bewerber. Folglich ist der im Testhandbuch angegebene Wert für den Standardmessfehler vermutlich zu niedrig.  Als Faustregel sollten Arbeitgeber diesen Wert verdoppeln, wenn sie die Testergebnisse eines Bewerbers mit Behinderung interpretieren.
  • Des Weiteren sollte die Verwendung von Grenz- bzw. Mindestwerten überdacht werden.  Arbeitgeber legen bisweilen einen Wert oder eine Punktzahl fest, den bzw. die Bewerber mindestens erreichen müssen. Kandidaten, die die Mindestpunktzahl nicht erreichen, werden automatisch abgelehnt.  Im Idealfall basieren solche Grenzwerte auf den Ergebnissen einer Validierungsstudie.  Bei Bewerbern mit Behinderung können diese Standardwerte jedoch ungeeignet sein, und Arbeitgeber sollten ein flexibleres Verfahren wählen.
  • Möglicherweise sind Sie als Arbeitgeber geneigt, nach einer Normgruppe zu fragen, die auf Bewerbern mit Behinderung basiert.  Doch auch diese Vorgehensweise ist ungeeignet. Unabhängig davon, ob Bewerber mit Behinderung an einem Auswahlverfahren teilnehmen oder nicht, sollte immer die für die jeweilige Tätigkeit am besten geeignete Normgruppe verwendet werden.  Zudem ist es unmöglich, eine repräsentative Gruppe aus Menschen mit Behinderung zu erstellen.  Jeder Mensch und jede Behinderung ist anders, und die Auswirkungen einer Behinderung auf die Ergebnisse eines Fähigkeitstests lassen sich nicht verallgemeinern. Dies gilt sowohl für Menschen mit Behinderung in ihrer Gesamtheit als auch für einzelne Gruppen von Personen mit ähnlichen Behinderungen.  Blinde oder sehbehinderte Menschen lassen sich beispielsweise nicht als homogene Gruppe betrachten, deren Fähigkeiten lediglich durch ihre Behinderung definiert werden.
  • Die Interpretation von Persönlichkeitsfragebogen hingegen ist wahrscheinlich relativ unkompliziert.  Mit Ausnahme spezifischer Fälle (z. B. die Verwendung eines Fragebogens mit komplizierten Formulierungen bei Bewerbern mit Lernbehinderung – eine Vorgehensweise, die in jedem Fall unangemessen ist), spricht nichts dagegen, bei Persönlichkeitsfragebogen die Standardauswertungsverfahren anzuwenden. Beachten Sie, dass die von Personalverantwortlichen verwendeten Persönlichkeitsfragebogen für Menschen mit „normaler“ Persönlichkeitsstruktur entwickelt wurden. Sie eignen sich NICHT als Diagnose- oder Beratungstools für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Störungen.